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31.08.2016

Eile geboten beim Scheinvaterregress!

Das Bundesjustizministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Scheinvaterregresses vorgelegt, der noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden soll. Die Rechte des Scheinvaters werden durch das Gesetz mit dem einzuführenden Auskunftsanspruch über die Person des biologischen Vaters zwar einerseits dem Grunde nach gestärkt – sofern die Mutter den Namen des Erzeugers kennt und sich nicht beharrlich weigert, ihn zu benennen, andererseits aber der Höhe nach massiv beschnitten werden. Sobald die neuen Regelungen in Kraft treten, können die sogenannten Scheinväter nur noch für einen Zeitraum von zwei Jahren vor der Einleitung des Verfahrens auf Anfechtung der Vaterschaft bis zum Abschluss dieses Verfahrens Regress für die geleisteten Unterhaltszahlungen vom wahren Vater des Kindes verlangen. Die Begründung des Gesetzgebers für die Einführung der Zweijahresfrist für die Vergangenheit dahingehend, dass eine Rückabwicklung der Unterhaltszahlungen für den Zeitraum, in welchem der Scheinvater typischerweise nicht an seiner Vaterschaft zweifelte und er quasi durch das gelebte Familienleben „entschädigt“ wurde, überzeugt nur, wenn und soweit es tatsächlich ein Familienleben gegeben hat. Es sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen keine soziale Familie bestand oder die Ehe nur von kurzer Dauer war und der Scheinvater erst spät erfährt, dass das Kind von einem anderen Mann abstammt. In diesen Fällen ist eine Begrenzung bzw. faktische Ausschließung des Anspruchs nicht gerechtfertigt. Das neue Gesetz ist nur auf Neu-Fälle anwendbar, das heißt die Begrenzung gilt (nur dann) nicht, wenn der Scheinvater bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits Regress vom Erzeuger des Kindes verlangt hat.

Wird der Umstand, dass das Kind von einem anderen Mann als dem rechtlichen Vater abstammt, erst spät entdeckt, kann das neue Gesetz erhebliche finanzielle Auswirkungen entfalten: Hat der rechtliche Vater beispielsweise 18 Jahre lang Unterhalt für das untergeschobene Kind geleistet, kann er nach derzeitiger Rechtslage für die volle Summe des Unterhaltes bis zur Geburt des Kindes Regress vom Erzeuger verlangen. Unter Ansatz der Werte der Düsseldorfer Tabelle kann sich der Regelunterhalt über 18 Jahre bei einem Nettoeinkommen bis EUR 1.500 auf ca. EUR 84.000 und bei einem Nettoeinkommen bis EUR 5.100 auf ca. EUR 135.000 summieren. Sobald das neue Gesetz in Kraft getreten ist, wird nur noch für zwei Jahre in die Vergangenheit Regress verlangt werden können. Die Spanne des Regelunterhaltes und eines entsprechenden Regressanspruchs liegt dann (bei Aufdeckung der wahren leiblichen Vaterschaft im Alter des Kindes von 18 Jahren) nur noch zwischen ca. EUR 29.000 und EUR 47.000. Das neue Gesetz reduziert im Beispielsfall den Regressanspruch folglich um ca. EUR 55.000-88.000. Wird die Scheinvaterschaft erst viel später aufgedeckt, wenn bereits seit mehr als zwei Jahren kein Unterhalt mehr gezahlt wurde, entfällt der Regressanspruch vollständig.

Väter, die an ihrer leiblichen Vaterschaft zweifeln, sollten daher unverzüglich tätig werden, um zumindest den finanziellen Verlust zu begrenzen. Anders als die anderen unvermeidlichen, tragischen Auswirkungen der Aufdeckung eines Auseinanderfallens von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft sind die finanziellen Aspekte dieser Tragödie zumeist nicht die schlimmsten, aber die einzigen, für die der rechtliche Vater eine tatsächliche Wiedergutmachung erlangen kann.

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