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24.03.2020

Update: Steht der Datenschutz dem Infektionsschutz im Weg? - Messungen der Körpertemperatur

Aktuell überschlagen sich die Ereignisse. Am Sonntag hat die Bundeskanzlerin die Bevölkerung zu Verzicht und Opfern im Kampf gegen die Ausbreitung des Corona-Virus aufgerufen und ein umfangreiches Kontaktverbot mitgeteilt. Müssen wir im Datenschutz auch immer mehr Rechte aufgeben? Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: LDI Rheinland-Pfalz) plädiert dafür, die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Krisenmanagement im Blick zu behalten und nimmt jetzt klar zur Frage der Zulässigkeit von Körpertemperaturmessungen Stellung.

Die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden haben sich letzte Woche noch nicht zu der Frage positioniert, ob das Messen der Körpertemperatur bei Beschäftigten zulässig ist. Der LDI Rheinland-Pfalz erteilt dieser Maßnahme jetzt in einer aktuellen Stellungnahme eine Absage (LDI Rheinland-Pfalz).

Wie bereits in dem Beitrag vom 18.03.2020 erwähnt, müssen Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen zur Erfüllung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers notwendig und zudem verhältnismäßig sein. Die Notwendigkeit ist laut LDI Rheinland-Pfalz aber nur gegeben, wenn die personenbezogenen Daten für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle unabdingbar sind. Dies sei nur der Fall, wenn die Aufgabe ohne die Kenntnis der Information nicht, nicht rechtzeitig, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand oder nur mit sonstigen unverhältnismäßigen Nachteilen erfüllt werden kann. Davon könne aber nicht ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber das Betreten der Räumlichkeiten des Unternehmens durch die Beschäftigten davon abhängig macht, dass diese zunächst ihre Körpertemperatur erfassen lassen.

Der LDI Rheinland-Pfalz bezweifelt bereits, dass die Körpertemperaturmessungen geeignet sind, um der erwähnten Fürsorgepflicht nachzukommen. Zum einen könne aus einer erhöhten Temperatur nicht gleichzeitig auf eine Corona-Erkrankung geschlossen werden. Zum anderen sei eine bestehende Corona-Erkrankung auch nicht zweifelsfrei aufgrund der erhöhten Temperatur zu erkennen. Der LDI Rheinland-Pfalz weist im Übrigen auf andere Möglichkeiten hin, die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, wie bspw. das Anbieten von Heimarbeit oder der wiederholte Hinweis, bei grippalen Symptomen einen Arzt aufzusuchen.

Schließlich können Körpertemperaturmessungen laut LDI Rheinland-Pfalz auch nicht über Einwilligungserklärungen der Beschäftigten legitimiert werden, da sich diese in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber befinden und deshalb die für die Einwilligung notwendige Freiwilligkeit fehlt.

Praxistipp:

Mit dem LDI Rheinland-Pfalz hat sich in Deutschland soweit ersichtlich die erste deutsche Aufsichtsbehörde dahingehend positioniert, dass das Messen der Körpertemperatur bei Beschäftigten datenschutzrechtlich grundsätzlich nicht zulässig ist. Es steht zu erwarten, dass sich gegebenenfalls auch andere deutsche Datenschutzaufsichtsbehörden dieser Meinung anschließen. Da es auf den konkreten Einzelfall ankommt empfehlen wir, dass sich Unternehmen mit der für sie zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde zu diesem Thema in Verbindung setzen und das Meinungsbild dort abfragen. Gerne unterstützen wir Sie dabei.

Es bleibt dabei: Die Entwicklungen in Zeiten von Covid-19 sind sehr dynamisch und entsprechend ändern sich die Positionen zur Zulässigkeit einzelner Maßnahmen auch ständig. Daher sollten die konkreten Maßnahmen immer aktuell auf ihre datenschutzrechtliche Zulässigkeit hin überprüft werden. Auch hier unterstützen wir Sie gerne dabei.

Stand: 24.03.2020

Autor/innen

Oliver Hornung

Dr. Oliver Hornung

Partner

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