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03.04.2020

Drohen Abmahnungen beim Vertrieb selbst hergestellter Atemschutzmasken?

Nachdem das Robert Koch Institut nun eine Kehrtwende bei der Beurteilung des Nutzens von Atemschutzmasken gemacht hat und deren Tragen jetzt empfiehlt, verstärkt sich das Problem, dass der Bedarf nach Mundschutz zwar hoch, das Angebot aufgrund vorheriger schwerer Versäumnisse bei der Beschaffung jedoch gering ist.

In dieser Situation gibt es viele private Eigeninitiativen und auch Unternehmen, die kurzerhand solche Masken produzieren und verteilen. Und es gibt leider auch eine große Anzahl Geschäftemacher, die minderwertige Masken als vermeintliche Schutzmasken im Internet und über diverse Handelsplattformen für völlig überzogene Preise anbieten.

Umgehend geistern Meldungen durch die Presse, dass Anwälte auch begrüßenswerte Privatinitiativen mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen überziehen würden, um sich selbst zu bereichern. Uns ist bisher nur bekannt, dass es solche Gerüchte gibt, konkrete Fälle haben wir aber noch keine gesehen.

Theoretisch aber sind solche Abmahnungen denkbar. Denn Grundlage hierfür kann das Medizinprodukterecht in Verbindung mit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sein.

Das Medizinproduktegesetz gilt für solche Produkte, die eine medizinische Zweckbestimmung haben,  die durch eine physikalische Wirkweise erreicht wird. Ob ein Produkt als Medizinprodukt gilt, bestimmt derjenige selber, der das Produkt herstellt und anbietet. Wirbt er nämlich mit einer medizinischen Zweckbestimmung, etwa durch eine Produktbezeichnung, die eine solche Wirkweise suggeriert, so gilt das Produkt als Medizinprodukt.

Werden Gesichtsmasken beispielsweise als Atem- oder Mundschutzmasken angeboten, so wird ihnen eine medizinische Wirkung beigemessen und zwar, dass sie den Träger vor Infektion schützen.

Als solche sind sie dann als Medizinprodukte der Risikoklasse 1 einzustufen. Um innerhalb der EU als Medizinprodukt verkauft werden zu dürfen, müssen diese Produkte gewisse grundlegende Anforderungen erfüllen und einem Konformitätsverfahren unterzogen werden, dessen Durchführung mit einer CE-Kennzeichnung dokumentiert werden muss.

Dieses ist eigentlich eine zutiefst sinnvolle Regelung, die unter anderem davor schützen soll, dass angebliche Medizinprodukte mit einer behaupteten Wirkung an gutgläubige Kunden verkauft werden, im besten Fall aber die behaupteten medizinischen Wirkungen nicht haben oder im schlechtesten Fall sogar den Benutzer gefährden oder schädigen. Und natürlich ist es sinnvoll, dass die Einhaltung solcher verbraucherschützenden Regelungen von Verbraucherschutzverbänden und Wettbewerbern überwacht werden, die sich der Hilfe von Anwälten bedienen.

Selbstverständlich ist es zutiefst unterstützenswert und sinnvoll, dass in Ermangelung professionellen Mundschutzes viele Menschen nun dazu übergehen, wenigstens ein Mindestmaß an Schutz durch die Herstellung von Gesichtsmasken schaffen zu wollen. Es ist aber auch wichtig, dass diesen Masken kein Schutz beigemessen wird, den diese tatsächlich nicht haben. Trägt eine gefährdete Person eine solche Maske in dem Irrglauben, diese würde Krankheitserreger aus der Atemluft herausfiltern und sie vor einer Ansteckung schützen, dann wird sie sich ggf. in ein unnötiges Ansteckungsrisiko begeben und ernsthaft erkranken.

Laut RKI Präsident Wieler können einfache Masken den Träger aber nicht vor einer Ansteckung schützen. Die Tröpfchen, die ein Infizierter etwa beim Husten, Niesen oder Sprechen ausscheidet, sind so klein, dass sie die Maschen einfacher Masken durchdringen können.

Insofern ist es wichtig, dass solche Masken nicht mit einer Bezeichnung versehen werden, die eine medizinische Wirkung suggeriert, die sie tatsächlich gar nicht haben. Selbst wenn dies enthusiastische Mitbürger, die nur helfen wollen, fahrlässig tun, können die Folgen erheblich sein. Natürlich sollte in einem solchen Fall nicht mit kostenpflichtigen Abmahnungen gearbeitet werden, aber es dürfte für jeden einleuchtend sein, dass ein Verhalten, das im schlimmsten Fall Menschenleben gefährdet, zu unterlassen ist. Völlig eindeutig aber muss dort auch mit aller Härte eingegriffen werden, wo Geschäftemacher minderwertige Masken für überteuerte Preise mit täuschenden Angaben an gutgläubige Privatleute verkaufen, die die fehlende Wirkung nicht beurteilen können.

Fazit und Handlungsempfehlung:

Produziert man solche Masken nur für den Hausgebrauch, ist es unschädlich, wie sie bezeichnet werden. Gibt man diese aber an Dritte ab, egal ob entgeltlich oder unentgeltlich, so ist unbedingt darauf zu achten, dass ihnen keine medizinische Wirkweise angedichtet werden.

Um also theoretisch denkbare Abmahnungen zu vermeiden, aber viel wichtiger noch, um arglose Nutzer nicht zu gefährden, ist darauf zu achten, selbst hergestellte oder von Dritten bezogene Masken, die keine CE-Kennzeichnung tragen, nicht unter der Bezeichnung „Schutzmaske“ oder „Mundschutzmaske“ anzubieten. Wird eine solche Maske jedoch unter der Bezeichnung „Mund-Nase-Abdeckung“, „Behelfsmaske“ oder „Gesichtsmaske“ vertrieben und wird noch dazu explizit darauf hingewiesen, dass die Maske den Träger nicht vor Ansteckung schützt, dann können solche Masken problemlos hergestellt und angeboten werden, da es sich dann schlicht nicht um Medizinprodukte handelt.

Stand: 03.04.2020

Autor/innen

Markus Fuchs

Markus von Fuchs

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