Alle News & Events anzeigen

30.10.2019

Die digitale Signatur im Arbeitsverhältnis

Der digitale Wandel und die Globalisierung machen auch vor dem Arbeitsverhältnis keinen Halt. Immer weiter wächst der Wunsch, Verträge oder andere Vereinbarungen in Sekundenschnelle weltweit zu versenden und vor allem zu unterzeichnen. Da erscheint der lange Postweg – insbesondere bei internationalen Geschäften – als lästiger Zeitfresser. Auch gibt es gute Gründe gegen die Verwendung von Papier: es verbraucht viel Lagerplatz, ist schlecht für die Umwelt und kann schlechtestenfalls sogar verloren gehen. Eine einfache Lösung für dieses Problem scheint die Verwendung digitaler Signaturen zu sein. Hiermit können die Parteien fast zeitgleich am PC das jeweilige Dokument unterzeichnen und innerhalb weniger Minuten haben alle beteiligten Parteien die rechtsverbindliche Vereinbarung in ihren virtuellen Händen.

Gerade bei der Begründung und Durchführung von Arbeitsverhältnissen ist bei der Verwendung digitaler Unterschriften jedoch zumindest eine gewisse Achtsamkeit geboten. In einigen Fällen schreibt das Gesetz die Schriftform vor, die nur zum Teil mit einer sog. qualifizierten elektronischen Signatur ersetzt werden kann. Zum Teil ist die elektronische Form sogar gänzlich ausgeschlossen.

Arten der elektronischen Signatur

Grundsätzlich wird zwischen drei Arten der digitalen Signatur unterschieden:

  • (Einfache) elektronische Signatur,
  • Fortgeschrittene elektronische Signatur,
  • Qualifizierte elektronische Signatur.

Jede dieser drei Signaturen ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, die verschiedenen Sicherheitsstufen entsprechen. Die Anforderungen, die an die jeweilige Signatur gestellt werden, ergeben sich aus der europäischen eIDAS Verordnung. Auf Grund ihres Charakters als Verordnung gilt sie ohne weitere Umsetzung des deutschen Gesetzgebers unmittelbar.

Nach der gesetzlichen Definition sind (einfache) elektronische Signaturen Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet (Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO). Dies kann bspw. bereits bei einer E-Mail Signatur oder einer eingescannten Unterschrift der Fall sein.

Für die fortgeschrittene elektronische Signatur sind bereits deutlich gesteigerte Anforderungen zu erfüllen. Die zu erfüllenden Kernmerkmale sind, dass diese Signatur eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet werden kann und die Identifizierung des Unterzeichners ermöglicht wird (Art. 3 Nr. 11, 26 eIDAS-VO). Außerdem muss gewährleistet sein, dass nachträgliche Veränderungen erkannt werden können.

Bleibt letztlich noch die qualifizierte elektronische Signatur nach Art. 3 Nr. 12, 15, 23 eIDAS-VO. Um den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur zu genügen, muss eine Signatur alle Merkmale der fortgeschrittenen Signatur aufweisen. Zusätzlich muss sie von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt worden sein und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruhen. Qualifizierte Zertifikate können wiederum nur von sog. Vertrauensdiensteanbietern ausgestellt werden, die den Antragsteller anhand geeigneter Mittel identifizieren. Sie können außerdem nur an natürliche Personen ausgestellt werden, nicht etwa an juristische Personen wie eine GmbH oder Aktiengesellschaft. Eine Liste der deutschen Vertrauensdiensteanbieter findet sich auf der Homepage der Bundesnetzagentur.

Schreibt das Gesetz die Schriftform – also die eigenhändige Unterschrift vor – kann diese allenfalls durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Denn nur die qualifizierte elektronische Signatur erfüllt die Anforderungen an die sog. elektronische Form nach § 126a BGB. Die elektronische Form ist wiederum als einzige Alternative zur Schriftform gesetzlich zulässig, wenn sich nicht aus den gesetzlichen Vorschriften etwas anderes ergibt.

Auswirkungen auf die arbeitsvertragliche Praxis

Grundsätzlich können Arbeitsverträge und Änderungsvereinbarungen formfrei geschlossen werden, d.h. den Parteien steht es auch frei, auf welche Art sie (elektronisch) signieren. Denkbar ist damit bspw. der Arbeitsvertragsschluss mittels fortgeschrittener elektronischer Signatur.

Im Arbeitsrecht gibt es allerdings eine Vielzahl an Erklärungen und Vereinbarungen, für die der Gesetzgeber die Schriftform vorgesehen hat. Einige wichtige Beispiele sind:

  • Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitarbeit,
  • Nachvertragliche Wettbewerbsverbote,
  • Verträge zwischen Verleiher und Entleiher bei Arbeitnehmerüberlassung.

Das bedeutet, diese Erklärungen und Vereinbarungen können neben der eigenhändigen Unterschrift jedenfalls nach überwiegender Auffassung nur mittels der qualifizierten elektronischen Signatur wirksam digital unterschrieben werden. Wird bei diesen Erklärungen oder Vereinbarungen die nötige Form nicht gewahrt, führt dies grundsätzlich zur Nichtigkeit der jeweiligen Erklärung oder Vereinbarung.

Hinzu kommt, dass für manche Fälle sogar die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form komplett ausgeschlossen ist. Die wichtigsten Beispiele sind:

  • Kündigungen,
  • Aufhebungsverträge,
  • Angaben nach dem Nachweisgesetz.

Das bedeutet, dass in diesen Fällen zwingend eine eigenhändige Unterschrift notwendig ist und nicht einmal durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden kann. Nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nachweisgesetz) ist der Arbeitgeber verpflichtet, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Bei Verstößen gegen das Nachweisgesetz hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Nachholung der Nachweispflichten und ggf. auf Ersatz des aus einer Verletzung entstehenden Schadens. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ansprüche geltend gemacht werden und die aus einer Verletzung resultierenden Konsequenzen, dürften sich jedoch – vor allem im laufenden Arbeitsverhältnis – rein tatsächlich in Grenzen halten.

Deutlich gravierender wirken sich Formverstöße bei einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag aus. Werden diese lediglich elektronisch signiert, sind sie formunwirksam und damit nichtig. Dies führt zunächst dazu, dass das Arbeitsverhältnis inklusive des Vergütungsanspruchs weiter besteht. Im Rahmen der außerordentlichen Kündigung kann dies aber bei Unkenntnis der Unwirksamkeit sogar so weit führen, dass die Zwei-Wochen-Frist für außerordentliche Kündigungen verstreicht. Neben den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses träte dann die Tatsache, dass die außerordentliche Kündigung für diese Pflichtverletzung nicht einmal mehr nachgeholt werden kann.

Sonderfall Befristung

Eine Besonderheit besteht schließlich bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Eine wirksame Befristung fordert in jedem Fall die Einhaltung der Schriftform nach § 126 BGB. Ob darüber hinaus die Ersetzung mittels der qualifizierten elektronischen Signatur zulässig ist, ist in der Literatur umstritten und vom Bundesarbeitsgericht bislang nicht entschieden. Wenngleich mit der wohl überwiegenden Auffassung sehr gute Argumente für die Anwendbarkeit der elektronischen Form sprechen, besteht für die betriebliche Praxis hinsichtlich der Formwahrung bis zu einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

Rechtsfolge eines formunwirksam geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags wäre, dass die Befristungsabrede nichtig ist und nicht aber der gesamte Vertrag. Damit wäre ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem jeweiligen Arbeitnehmer entstanden. Angesichts dieser möglichen gravierenden Folgen werden vorsichtige Arbeitgeber deshalb Abstand von der elektronischen Signatur für Befristungen nehmen.

Praktische Anwendungsfälle sind einerseits die klassischen Fälle der Befristung, wie bspw. zur Vertretung eines Mitarbeiters in Elternzeit oder die sachgrundlose Befristung bis zu einer Dauer von zwei Jahren. Häufig enthalten vermeintlich unbefristete Arbeitsverträge aber zudem eine Klausel, nach der das Arbeitsverhältnis automatisch mit Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rente des Arbeitnehmers enden soll. Nach einer jüngeren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich hierbei ebenfalls um eine formbedürftige Befristung des Arbeitsvertrages. Wenngleich derzeit nicht absehbar ist, inwiefern sich diese bislang einzelne Entscheidung zu einer gefestigten Rechtsprechung entwickeln wird, werden vorsichtige Arbeitgeber an der klassischen Schriftform festhalten. Das Risiko der Verwendung einer elektronischen Signatur tritt dann praktisch zu Tage, wenn möglicherweise erst nach vielen Jahren die vereinbarte Altersgrenze erreicht wird und dann Streit darüber entsteht, ob eine Befristung vorliegt und falls ja, ob die nötige Form gewahrt wurde.

Fazit:

Elektronische Signaturen sind aus dem Geschäftsalltag nicht mehr wegzudenken und haben dementsprechend auch Einzug in die Personalarbeit gefunden. Insbesondere bei gänzlich formfreien Vereinbarungen stellen elektronische Signaturen eine praktikable Alternative zur papierbasierten Unterschrift dar. Bei Vereinbarungen, die einer Formvorschrift unterliegen, ist jedoch penibel auf die Einhaltung der korrekten Art der Unterschrift zu achten. Dies gilt insbesondere für Kündigungen und Aufhebungsverträge, die zwingend der Schriftform unterliegen. Bei befristeten Verträgen setzt der Einsatz der elektronischen Signatur eine gewisse Risikobereitschaft des Arbeitgebers voraus. Vorsichtige Arbeitgeber werden bei Befristungen weiterhin auf die altbewährte eigenhändige Unterschrift zurückgreifen.

Autoren: Dr. Martin Greßlin, Alexandra Meyer

Autor/innen

Martin Greßlin

Dr. Martin Greßlin

Partner

Profil anzeigen